Faust I - Band 1

von Nele Heaslip

/ Text von Johann Wolfgang von Goethe  

19 x 28 cm

Hardcover mit Goldprägung

280 Seiten in S/W

+ Umschlag in Farbe

ISBN 978-3-943417-73-9

32,00 €

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Annette Köhn, Verlegerin: Habe nun, ach! Kinderbücher, Kochbücher und

illustrierte Literatur, und auch Comics. Durchaus publiziert, mit heißem

Bemühen...

Dass es einmal der alte Goethe sein würde, den Jaja Verlag rausbringt, das konnte

ich nicht ahnen. Bis mir Nele Heaslip begegnete und wir am Rande der Leipziger

Buchmesse 2024 drei prallgefüllte Ordner mit den originalen Tuschezeichnungen

ihrer Faust-Adaption durchblätterten und ich aus dem Staunen nicht mehr rauskam -

angesichts der unfassbar hohen Qualität der Zeichnungen (einer Autodidaktin!) und

dem transformativem Vermögen des Mediums Comic, das sie souverän einzusetzen

wusste. Es ist schier magisch, wie sich Faust zwischen drei Zeitepochen bewegen

kann und Bedeutungen und Zusammenhänge erschafft. Keine kann das besser erklären

als das junge Genie selbst, also fragen wir sie:

Warum Faust, Nele Heaslip?

 

Goethes Faust ist für mich einer der bedeutendsten Texte der deutschen Literatur.

Es ist zugleich auch ein Text, an den man sich sehr gewöhnt zu haben scheint – ein

Text, in dem jeder zweite Vers zum gefl ügelten Wort geworden ist, den man in der

Schule tausendmal wiederkäuen musste, der auf der Bühne auf tausend verschiedene

Weisen inszeniert worden ist. Man könnte glatt dem Irrtum verfallen, dass mit

dem Faust nun nichts Neues mehr anzufangen sei, und dass man ihn endlich getrost

archivieren könne.

Ich denke dagegen, dass wir mit

Goethes Faust niemals fertig sind.

Ich denke, dass der Faust sich jeder neuen Zeit, jeder neuen Gesellschaft auf neue

Weise offenbart. Oder eben auf alte Weise – denn auch das Altbewährte kann so

innovativ über die Gegenwart hereinbrechen wie das Nie Dagewesene. Die besten

Geschichten sind diejenigen, die sich immer wieder erzählen lassen, und dabei

nichts von ihrem Zauber verlieren. Deswegen war es mir auch wichtig, Goethes Text

in dieser grafi schen Inszenierung so weit wie möglich beizubehalten.

Hier spielt die Geschichte des verzweifelten Gelehrten, der eine Wette mit dem

Teufel eingeht, in drei sich abwechselnden Zeitebenen – im Mittelalter, im Nationalsozialismus

und in der Gegenwart. Die Idee für die Dreiteilung der Handlung ergab

sich für mich nach und nach – doch sobald ich anfi ng, zu zeichnen, bemerkte ich mit

Erstaunen, dass der Rest wie von selbst geschah. Faust machte sich selbstständig und

passte sich den neuen Zeitebenen an, als wäre er eigens für sie geschrieben worden

– das Stück nahm Bedeutungen an, die ich zuvor kaum darin vermutet hatte. Und

es ergaben sich gesellschaftskritische Fragestellungen über die Beziehung zwischen

Mensch und Umwelt, Individuum und Gesellschaft und um die (Dis)kontinuität von

Täter- und Opferrollen, die auf die heutige Zeit so gut zutreffen wie einst auf Goethes

Zeit.

Vielleicht bedeutet das, dass wir uns in diesen 217 Jahren Faust kaum

verändert haben – als Menschen und als Gesellschaft. Das würde jedenfalls

meine Ansicht bestätigen, dass der kluge, übermütige, weit- und kurzsichtige

Heinrich Faust den Menschen selbst verkörpert.

Der Mensch, der sowohl in seiner sensiblen

Weitsicht die Fähigkeit aufweist, die Welt von

ihren zahllosen, menschengemachten Konfl ikten

zu erlösen – als auch in seiner Unersättlichkeit die

Tendenz, sie tiefer ins Verderben zu stürzen.