Die Sehnsucht ist ein Anderer

Autorin: Elisabeth Wirth

Illustratorin: Janina Schütz

 

Taschenbuch, DinA5, 86 Seiten in S/W, Illustrationen in Farbe

ISBN 978-3-943417-19-7

10,00 €

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Mit „Die Sehnsucht ist ein Anderer“ legt Elisabeth Wirth ihr Erstlingswerk vor. In neun Kurzgeschichten erzählt sie vom Suchen und Hadern, von Veränderung und Hoffnung. Die Illustrationen von Janina Schütz leiten jede Geschichte ein.
Ein Maler im falschen Leben. Eine junge Frau, die sich in ihr One-Night-Stand verliebt. Eine Silvesternacht in der sich alles ändern kann oder auch nichts. Ein Tag am See mit Kindheitserinnerungen, die wie Melonenbrause schmecken. Eine junge Illustratorin, die mit ihren Träumereien ringt. Ein alter Mann, der mit der Liebe abgeschlossen hat.
"Elisabeth Wirth spürt dem großen Thema Liebe in ihren Geschichten sensibel nach. Ihre Texte sind still, unaufgeregt und detailreich. Fast könnte man beim Lesen meinen, sie stünde hinter der nächsten Ecke, würde alles beobachten und aufschreiben."
- Michael-André Werner
Heiter bis wolkig, alltäglich bis poetisch, befindet der Jaja Verlag selbst.

 



LESEPROBE:

 

Anfang der Kurzgeschichte "Der Maler"

 

In meinem Atelier steht eine Leinwand. Gleich neben der Spüle. Ich habe sie in ein altes, ölfarbenfleckiges Laken eingeschlagen. Das Laken über der Leinwand sieht immer ein bisschen wie unachtsam rübergeworfen aus, dabei verbringe ich manchmal Minuten damit, es richtig zu drapieren. 
So ähnlich macht es mein Sohn mit seinen Haaren. Er fummelt ewig daran herum und wenn er dann endlich fertig ist, sieht es fast genauso aus wie vorher.

Seit zehn Jahren nun lehnt sie an der Wand, eingeschlagen in dem Laken. Jedes Mal, wenn mein Galerist kommt, will er es sehen und jedes Mal sage ich, dass es noch nicht fertig ist. Seit fast zehn Jahren erzählt er die Anekdote von dem unfertigen Bild, und inzwischen ist es unter den Sammlern zu einem richtigen Mysterium geworden. Alle wollen sie es haben, dieses geheimnisvolle Bild. Ich könnte es sofort verkaufen, ohne dass der Käufer je einen Blick darauf geworfen hätte.

Manchmal befreie ich es aus seinem Schattendasein. Ich stelle es auf den alten Holzstuhl, hebe das Laken an und lasse es auf den Boden fallen. Dann setzte ich mich ihm gegenüber, schenke uns ein Glas Wein ein und drehe mir eine Zigarette.

Jeder andere würde sagen, dass es ein abstraktes Bild ist. Für mich ist es das Figurativste, was ich je gemalt habe. Ich sehe immer sie.